From forth the fatal loins of these two foes…

Stan Lee, Mastermind der Superheldenschmiede Marvel Comics, hat vor Kurzem, in Kooperation mit der YouTube-Gruppe „How It Should Have Ended“, sein persönliches „How It Should Have Ended“ veröffentlicht. Hier präsentiert er seine Vorstellung von besseren Ausgängen bekannter Filme, bis hin dazu, dass er die Manuskripte von Episode I bis III von Star Wars aus George Lucas‘ Händen reißt und in den Kamin schmeißt.

In der Graphic Novel „Romeo and Juliet: The War“ hingegen legt er zusammen mit Terry Douglas, Max Work und Skan Srisuwan ein „How It Could Have Been“ hin. Die Autoren- und Illustratorengruppe verlegt dazu die Handlung von Shakespeares „Romeo und Julia“ in ein Endzeit-Szenario, das einige hundert Jahre nach unserer Zeit spielt. Auch hier gilt die wohlbekannte Einleitung Shakespeares:

Two households, both alike in dignity,
In fair Verona, where we lay our scene,
From ancient grudge break to new mutiny,
Where civil blood makes civil hands unclean.
(William Shakespeare: Romeo and Juliet)

Auch hier sind die beiden households die Montagues und die Capulets – mit ein paar Unterschieden. Die Montagues sind eine Gruppe genetisch manipulierter Menschen, deren DNA auf Metall übertragen wurde, sodass sie stärker und widerstandsfähiger als herkömmliche Menschen sind. Geschaffen wurden sie von Dr. Montague, der einen Weg suchte, seinen verlorenen Arm wiederherzustellen und so durch Zufall auf diese Form der Kybernetik stieß. (Eine Geschichte, die in nicht gerade unauffälliger Weise an The Amazing Spider-Man erinnert.) Die durch Dr. Montagues Entdeckung verbesserten Menschen werden – wie sollte es anders sein – vom Militär angeheuert und als Spezialwaffen genutzt.

Auf der anderen Seite steht – wer hätte es gedacht – Dr. Capulet. Er findet die Montagues geschmacklos und entwickelt seinerseits eine Möglichkeit, den menschlichen Körper ohne den Einsatz von Metall physisch und mental zu verbessern. Den so entstehenden Capulets ist es möglich, höher zu springen und schneller zu laufen, wenngleich sie auch nicht so stark sind wie die Montagues. Auch sie werden als auf ihre Weise effektive Soldaten vom Militär angeheuert. Durch die vereinten Kräfte der Montagues und Capulets wird Verona zur mächtigsten Stadt der Erde. Die Kriege werden beendet, das Volk feiert – nur die Montagues und Capulets haben nun keinen gemeinsamen Feind mehr. Daher müssen sie sich, geschaffen um zu kämpfen, einen neuen Feind suchen und bekämpfen sich im Folgenden dementsprechend gegenseitig.

So viel zur Rahmenhandlung. Die Geschichte von Romeo und Julia in diesem Szenario zu verorten, dürfte ein Leichtes sein.

Optisch ist die vorliegende Graphic Novel wahrlich bombastisch. Allein schon durch die Größe (die Seitenlänge beträgt 26 mal 33,4 Zentimeter) bietet das Werk viel Platz für großflächige, detaillierte Zeichnungen, die man lange betrachten, die man sich fast ausschneiden und an die Wand hängen möchte. Auch die in der Rahmenhandlung angelegte, düstere Endzeitstimmung wird durch die Zeichnungen sehr stimmig transportiert. Und auch Stan Lees Cameo-Auftritt, der in Marvel-Filmen schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist, fehlt hier nicht.

Einzig die Handlung leidet. Sicher, die Geschichte von Romeo und Julia ist hinlänglich bekannt, dennoch wird sie in diesem Werk deutlich verknappt und viel zu schnell erzählt. Generell sind längere Textpassagen kaum zu finden, die Dialoge wirken teils ziemlich steif und die Charaktere bleiben leider größtenteils oberflächlich. Die in den einleitenden Worten von Shakespeare angedachten two hours‘ traffic, die das Stück einnehmen soll, könnten gerade ausreichen, um „Romeo und Juliet: The War“ durchzulesen, durchzuschauen. Aber auch das wird knapp, selbst wenn man die einzelnen Seiten und Artworks lange auf sich wirken lässt. Alles scheint insbesondere für den optischen Eindruck produziert worden zu sein, der auch – und das ist insbesondere dem Art Director Skan Srisuwan zu verdanken – unbestrittenermaßen großartig ist.

Ergo: So weit, den Autoren das Skript aus den Händen zu reißen und in den Kamin zu werfen, sollte und möchte man keinesfalls gehen. Nur wären, um auch der Handlung gerecht zu werden, noch ein paar Dutzend mehr dieser optisch herausragenden Seiten wünschenswert gewesen. Denn visuell ist diese Graphic Novel in jedem Fall ein Meisterwerk, das im Regal einen Ehrenplatz verdient.

♠ Stan Lee, Terry Douglas, Max Work, Skan Srisuwan: Romeo and Juliet: The War. Viper Comics 2011, 140 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro (ohne Preisbindung). ISBN: 978-0983935001. ♠

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