Die altbekannte Schullektüre: Michael Kohlhaas, ein brandenburgischer Pferdehändler des 16. Jahrhunderts, reist nach Sachsen, um dort seine Pferde zu verkaufen. An der Landesgrenze angelangt, wird er von einem Schlagbaum und einem Wärter an der Weiterreise gehindert. Man erklärt ihm, dass der alte Landesherr gestorben sei und er, Kohlhaas, für die Weiterreise einen Pass benötige. Da er aber keinen Pass besitzt, ringt man ihm als Pfand zwei seiner Pferde ab, die er, sobald er mit dem entsprechenden Pass aus Dresden zurückkehrt, wiederbekommen kann. Kohlhaas lässt einen seiner Knechte mit den beiden Pferden zurück und kehrt nach einigen Wochen, in denen er ein ertragreiches Geschäft in Dresden gemacht hat, zur Grenze zurück.
In Dresden hat er erfahren, dass es die geforderten Pässe gar nicht gibt und man ihm am Schlagbaum zum Besten gehalten hat. Als Kohlhaas nun zum Landesherrn, dem Junker Wenzel von Tronka, zurückkehrt, muss er feststellen, dass die Pferde, die er zum Pfand dort gelassen hatte, von der Ackerarbeit zerschunden im Schweinestall stehen. Der Knecht, den er bei den Pferden gelassen hat, wurde von Knechten der Burg mit Peitschen, Prügeln und scharfen Hunden vom Hof gejagt und Kohlhaas selbst, der die Wiederherstellung seiner teuren Pferde fordert, wird unter Beleidigungen fortgeschickt. Kohlhaas, ein rechtschaffener Mann, wendet sich an die Justiz und fordert die vollständige Gesundpflegung und Rückgabe seiner Pferde. Doch dadurch, dass der Junker von Tronka familiär gut mit der Rechtsgewalt verbandelt ist, wird Kohlhaas‘ Klage stets abgewiesen, was zu zunehmender Verbitterung führt. Als dann noch seine Frau, die als seine Stellvertreterin eine Klage bei Hofe einreichen will, zusammengeschlagen und im Sterben liegend nach Hause zurückgebracht wird, sucht Kohlhaas andere Wege, um sich gegen die Willkür der Rechtsinstanzen zur Wehr zu setzen.
„Michael Kohlhaas“ erzählt, basierend auf wahren Ereignissen, die Geschichte eines Aufstandes des Bürgertums gegen den Adel und ist ein Lehrstück über Gerechtigkeit, Vergeltung und Selbstjustiz. Kohlhaas will sich Recht verschaffen, egal um welchen Preis. Er, der als gerechter Mann bekannt ist, lehnt sich gegen seine Obrigkeiten auf und wird durch die konsequente Verfolgung dieses Ziels unberechenbar. Auch über 200 Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe ist Kleists Novelle noch immer eine spannende Lektüre, die nun zudem neu verfilmt wurde.
Zur Verfilmung: Regisseur Arnaud des Pallières setzt die Geschichte dabei bildgewaltig in Szene und hat einen teils sehr realistisch anmutenden, teils künsterlisch überhöhten Michael Kohlhaas geschaffen, der mit Mads Mikkelsen ideal besetzt ist. Mikkelsen beweist als Charaktermime eine unglaubliche Leinwandpräsenz und verkörpert Kohlhaas als beherrschten, aber zu allem entschlossenen Aufständler. Hervorragend ist auch die auf ein Minimum reduzierte Filmmusik, die zumeist aus Trommeln und tiefen Streichern besteht, bis der Film zusammen mit der Musik am Ende in einer grandiosen Schlussszene gipfelt. Die gelungene Komposition aus vielen Nahaufnahmen, wenigen Dialogen, einer wunderbaren Kulisse und einer dichten Atmosphäre macht „Michael Kohlhaas“ zu einer sehr sehenswerten Umsetzung einer ebenso lesenswerten Novelle.
♠ Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas. Erste vollständige Ausgabe: 1810. Erschienen beispielsweise bei Reclam, 135 Seiten, Taschenbuch, 2,60 Euro. ISBN: 978-3-15-000218-6.
Die Verfilmung von Arnaud des Pallières läuft seit dem 12. September 2013 in den deutschen Kinos. ♠